Über die Anfänge des BAS & die Feuernacht


Man wollte die Selbstbestimmung Südtirols. Sprengsätze, Tode; das Südtirol der 1960er Jahre.

BAS ist ein Akronym und steht für Befreiungsausschuss Südtirol, die Gruppierung war vor allem in den 1960er Jahren in Südtirol tätig und dürfte durch die sogenannte Feuernacht recht bekannt sein. Im folgendem möchte ich über den BAS schreiben, beginnend bei der Ausgangslage.

Die Annexion Südtirols durch Italien nach dem ersten Weltkrieg (vgl. Friedensvertrag St. Germain 1919) war besiegelt. Die Italianisierung Südtirols (zwischen 1921 und 1939) durch die Faschisten war in vollem Gange: Jegliche Straßen- und Ortsnamen, Vor- und Familiennamen wurden ins Italienische übersetzt bzw. nur noch so zugelassen. Deutsche Beamte wurden durch Italienische ersetzt, jegliche Schulfächer, die Kindergärten wurden nur noch in italienischer Sprache fortgeführt, außer das Unterrichtsfach Religion, welches durch die Lateranverträge von 1929 weiterhin in Deutsch abgehalten werden durfte. Die 1939 bestehende Option (Südtiroler konnten über Verbleib in Südtirol bzw. Auswanderung ins Deutsche Reich abstimmen), welche durch den Hitler-Mussolini-Pakt bestimmt wurde und wo viele auch abwanderten. Alsdann die Faschisten-Regierung versuchte die Ansiedlung von Süd-Italienern in Südtirol zu fördern, eigentlich generell nur die italienischsprachigen bzw. die "Anpassungswilligen" zu unterstützen. Vieles vom Faschismus verblieb weiterhin in Südtirol, auch nach dem 2. Weltkrieg. Die Förderung, man spricht hier auch von Majorisierung, von Italienern blieb bestehen: Die Ansiedlung von Italienischsprachigen wurde weiterhin gefördert. Neuerbaute Sozialwohnungen in Südtirol wurden fast nur Italienern zugesprochen, öffentliche Ämter in Südtirol durften fast ausschließlich nur Italiener bekleiden, in den entstehenden Industrien wurden fast keine deutschsprachigen Südtiroler beschäftigt. Einige der deutschen und ladinischen Volksgruppe wanderten deshalb auch aus¹,²,³.

Weiters wurde das Gruber-De-Gasperi-Abkommen 1946, welches der deutschen und ladinischen Volksgruppe autonome Rechte zur Selbstverwaltung zusprach und -sicherte, nicht wirklich umgesetzt, dies gilt u.a. als Gründungsmotiv des BAS. Aber auch die oben angeführten, zum Teil auch nach dem 2. Weltkrieg, bestehenden Gründe verschafften dem BAS, anfänglich aus acht Mann bestehend, Zuwachs und -spruch. Die Kundgebung 1957 auf Schloss Sigmundskron, wo "Los von Trient" und eine echte Autonomie gefordert wurde, verschaffte einen weiteren Zuwachs. Auf dieser Kundgebung forderte Sepp Kerschbaumer, einer der Gründungsmitglieder die Südtiroler zum Handeln auf ²,³.

Erste BAS-Anschläge erfolgten bereits 1956, spätere Sprengungen wurden an Faschisten-Relikten ausgeübt, wie bspw. in Waidbruck im Januar 1961, wo ein Reiterstandbild Mussolinis hochgejagt wurde. Einen Anschlag im März desselben Jahres auf Ettore Tolomeis Haus in Montan, da dieser als Schlüsselfigur für Südtirols Italianisierung, durch Übersetzung von Straßen- und Ortsnamen gilt, erfolgte²,³.

Als Höhepunkt der BAS-Attentate ist aber sicherlich die Feuernacht vom 11. auf den 12. Juni 1961 anzuführen: In Bozen und Umgebung wurden ca. 37 Strommasten, welche u.a. die Mailänder Industrie mit Strom belieferten, gesprengt. Am nächsten Tag folgte die sogenannte kleine Feuernacht, hier wurden acht weitere Strommasten gesprengt, um auch den Bahnverkehr lahmzulegen. Die Anschläge hatten nicht das Ziel auch Menschen zu töten, sondern die italienische Regierung unter Druck zu versetzen und vor allem auf die Zustände in Südtirol international aufmerksam zu machen. Es  wurde jedoch ein italienischer Straßenarbeiter von einem Blindgänger getötet, als er versuchte den nicht explodierten Sprengstoff von einem Strommasten zu entfernen,.

In den darauffolgenden Tagen gab es natürlich zahlreiche Verhaftungen. Viele Gefangene wurden von den italienischen Exekutivorganen gefoltert, zwei gar bis zum Tod. Der Mailänder Prozess folgte. Der Prozess für die Angeklagten (Mailänder Prozess genannt) der Feuernacht folgte am 16. Juli 1964. 35 BAS-Mitglieder wurden verurteilt, 13 von diesen wurden baldig begnadigt, andere 27 Angeklagte wurden freigesprochen. Es blieben also 22, die angeklagt wurden. Auf Vorschlag und Antrag der damaligen Regierung ließ man folgende Anklagepunkte fallen:

  • "Anschlag auf die Einheit des Staates"
  • "Anschlag auf die Verfassung"

Dies führte dazu, dass die Urteile, von italienischer Seite, als eher „leicht“ angesehen wurden. Während des Prozesses schilderten die Angeklagten über die Zustände in Südtirol und über die Folterungen der Gefangenen. Viele in Österreich, Deutschland, aber auch Italien begriffen nun, was in Südtirol eigentlich los war. Wegen diesen Folterungen folgte ein Prozess in Trient 1963. Jedoch endete dieser "Prozess" mit Freisprüchen, da die zehn angeklagten Carabinieri die Folterungen abstritten und behaupteten, dass sich die Gefangen selbst die Verletzungen zugeführt hätten. Der Prozess, der sehr kritisiert wird, endete mit 8 Freisprüchen und 2 Amnestien (Straferlässen).  Als man von den Folterungen erfuhr, war man noch "engagierter" im BAS und der BAS wurde noch sympathischer für die deutschsprachige Bevölkerung Südtirols²,,,

Im November 1961 befasste sich dann die UNO abermals mit dem "Südtirol-Problem", jedoch nicht in diesem Ausmaß, wie es von dem BAS gewünscht wurde. Weitere Anschläge folgten, auf diese werde ich in einem anderem Beitrag näher eingehen.

Meines Erachtens hat Italien durch bspw. die nicht umgesetzte Autonomie (Gruber-De-Gasperi-Abkommen) und die nicht wirklich nachverfolgte Folterung von den Gefangenen gezeigt, dass es zu dieser Zeit nicht wirklich ein souveräner, demokratischer Staat war. Viele BAS-Aktivisten wurden für ihre Taten verurteilt, so wie man es in einem Rechtstaat mehr oder weniger halt wurde, leider aber nicht die Folterungen welche genauso schlimm, wenn nicht schlimmer, weil sie durch Exekutivorgane ausgeführt wurden, als die Attentate waren. Deswegen finde ich oft, dass zum Beispiel die Feuernacht von vielen italienischen Politikern, Meinungsmachern einseitig aufgezeigt wird. Man spricht zwar von Terroristen, und von den Opfern, welche die Attentate forderten, jedoch nicht von den Folterungen an den Gefangenen von den Carabinieri, der Diskriminierung der Bevölkerung, welche genauso zu verurteilen sind.

Titelbild: © Feuernacht

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