Es dürfte wohl der aus Österreich stammende Arzt Thomas Müller gewesen sein, der den Stein für die Eintragung "nur" deutschsprechender Ärzte in der Südtiroler Ärztekammer ins Rollen brachte.
Eine kurze Rückblende:
Thomas Müller, Primar des Zentrallabors im Bozner Spital, wurde im Sommer 2019 aus dem Berufsverzeichnis der Ärzte gestrichen, da er über keine, oder nicht genügende Italienischkenntnisse verfügt. Man reichte Rekurs gegen die Streichung ein.
Übrigens, Müller wurde von der Ärztekammer anscheinend erst dann überprüft, als jemand ihn anonym anzeigte.
Nun aber hat sich wirklich etwas getan: Im Haushaltsgesetz 2021 von Italien, welches vom Senat bereits verabschiedet worden ist und somit auch Gültigkeit hat, wurde vermerkt, dass die Südtiroler Ärztekammer befugt ist ein separates Verzeichnis für "nur" deutschsprachige Ärzte einzurichten.
Wörtlich heißt es:
"In attuazione di quanto disposto dal comma 1-sexies, il presidente dell’ordine dei medici della provincia autonoma di Bolzano è autorizzato a istituire,
avvalendosi delle risorse umane, strumentali e finanziarie disponibili a legislazione
vigente, una sezione speciale dell’albo dei
medici alla quale possono essere iscritti, a
domanda, fermi i restanti requisiti, i professionisti che sono a conoscenza della sola
lingua tedesca. L’iscrizione alla sezione speciale autorizza all’esercizio della professione medica esclusivamente nel territorio
della provincia autonoma di Bolzano" (vgl. Haushaltsgesetz 2021, Comma 497, 1-septies).
Im zitiertem Text weist man auf den Absatz "1-sexies" hin, dieser nimmt u.a. Bezug auf eine EU-Richtlinie, welche es erlaubt, dass bspw. "nur" einsprachige Ärzte in das Berufsverzeichnis eingeschrieben werden, jedoch muss diese eine Sprache, welche man beherrscht eine Amtssprache sein. Laut Artikel 99 des 2. Autonomiestatuts ist in Südtirol die deutsche mit der italienischen Sprache gleichgesetzt, somit gilt in Südtirol auch Deutsch eine Amtssprache. Jedoch müssen auch "nur" deutschsprachige Ärzte nach gewissen Jahren die Zweisprachigkeit nachweisen, falls ich es richtig in verstanden habe.
So weit, so gut, aber wie viel Sanitätspersonal besitzt keinen Zweisprachigkeitsnachweis?
Ich bin auf der Suche nach Antworten auf die Landtagsanfrage Nr. 315/19, gestellt von den Freiheitlichen im Sommer 2019, gestoßen. Hier die Ergebnisse, aufgeschlüsselt nach Sprachgruppe:
Die Grafik zeigt, dass 170 italienische Ärzte, also von den 188 befristeten, keinen Zweisprachigkeitsnachweis besitzen (prozentuell: 0,904), von den deutschen Befristeten, die 70 Angestellte ausmachen, besitzen 33 keinen (prozentuell: 0,471).
Bei den ladinischen Ärzten besitzen alle einen Zweisprachigkeitsnachweis, bei "keine Angaben" hat die eine Person keinen.
Bei den Krankenpflegern bzw. Pflegehelfern sieht es folgendermaßen aus:
Von den italienischen Krankenpflegern bzw. Pflegehelfern, die 217 Befristete ausmachen, besitzen 104 keinen Zweisprachigkeitsnachweis (prozentuell: 0,479), von den Deutschen, wo 374 befristet sind, haben 41 keinen (prozentuell: 0,109). Bei den ladinischen Krankenpflegern und Pflegehelfern besitzen alle einen.
Um fest angestellt zu werden, glaube ich, braucht man den Zweisprachigkeitsnachweis. Jedoch durch die Befristung, welche verlängert werden kann, umgeht man, meines Erachtens, die gesetzliche Zweisprachigkeit, um den Ärztemangel entgegenzuwirken¹.
Nichtsdestotrotz sieht man, dass prozentuell mehr Befristete der italienischen Sprachgruppe keinen Zweisprachigkeitsnachweis besitzen.
Einige Politiker haben sich gegen diesen Artikel, also für die Eintragung "nur deutschsprechender Ärzte, im Haushaltsgesetz ausgesprochen. Andere sprachen sogar von einer Diskriminierung der Italiener in Südtirol. Schenkt man der Landtagsanfrage 315/19 Glauben, erkennt man aber, dass eigentlich mehr befristet Angestellte italienisch Sprachige keinen Zweisprachigkeitsnachweis besitzen. Jetzt rein statistisch könnte man eher argumentieren, dass die deutschsprachigen diskriminiert werden.
Mir persönlich wäre es lieber, wenn alle Ärzte, das Pflegepersonal usw. die Zweisprachigkeit, oder eventuell die Dreisprachigkeit besitzen. Das wäre für alle am Gerechtesten, doch ich denke leider wäre dies realitätsfern. Es wäre aber für jeden angenehmer und besser, wenn man sich mit dem Sanitätspersonal in der jeweiligen Muttersprache unterhalten könnte. Ferner hätte man ja auch das Recht dazu. Sehr oft wird, vor allem aus italienischer Seite, das Argument eingeworfen, dass es doch egal sei, ob Ärzte nur italienisch sprechen könnten, Hauptsache es sei ein guter Arzt. Nach dem Motto: Ist dir lieber ein Arzt der deutsch spricht, oder ein guter Arzt, der nur italienisch spricht? Ich frage mich hier schon was für eine Diskussion hier geführt wird.
STAND März 2021: Mittlerweile wurde bei der Ärztekammer in Bozen das sog. Sonderverzeichnis eingerichtet, worin sich bereits einige Ärzt:innen befinden.
Keine Kommentare: