Über benachteiligte Schüler:innen

 

Laut Aussendung einer Pressemitteilung von der L.Abg. Myriam Atz Tammerle, Südtiroler-Freiheit, sollte die Provinz jene Schüler:innen, die keine staatliche bzw. öffentliche Schule besuchen, besser finanziell unterstützen.

Diese Forderung finde ich recht unangebracht, wohlwissend, dass es die Entscheidung (meistens) der Eltern ist die Kinder nicht mehr in eine öffentliche Schule zu schicken, wo gewisse Materialien, wie Schulbücher gestellt werden. Ich persönlich habe nichts gegen Privatschulen oder alternative Schulformen, wie eine Waldorfschule, finde aber, dass von öffentlicher Seite solche Schulen nicht unbedingt gefördert werden sollten, wohlwissend, dass so manches öffentliches Schulgebäude dieses Geld dringender brauchen könnte. Anders sehe ich das mit dem sog. Elternunterricht. Ich finde, dass Eltern ihre Kinder meistens, es gibt natürlich Ausnahmen, nicht so gut unterrichten können, wie in der Schule. Beispielsweise zeigen die jüngsten Daten diesbezüglich, dass bspw. viele Schüler:innen, die durch Elternunterricht unterrichtet worden sind, eher schlecht, vor allem in der Oberstufe abgeschnitten haben (Schuljahr 2020/21). Ich habe mir die Statistik bzgl. der Versetzung bzw. Bestehung der Eignungsprüfungen (für Elternschüler) näher und vor allem statistisch angeschaut und möchte die Daten nun unten beschreiben:

Link zur Quelle dieser Statistik


Hier sieht man, die Ergebnisse der Eignungsprüfungen, aufgeschlüsselt nach Schultypen, der Schüler:innen, die von ihren Eltern unterrichtetet worden sind. Auffallend hier sind besonders, dass in der Oberstufe, also Ober- und Berufsschule fast der Großteil die Eignungsprüfungen nicht geschafft hat. Auffallend, Mehr Schüler:innen, die zur Eignungsprüfung an einer Oberschule angetreten sind, haben diese nicht geschafft, als jene, die in der Berufsschule angetreten sind.

Im großen Unterschied die Ergebnisse der staatlichen bzw. öffentlichen deutschsprachigen Schulen in Südtirol:

Link zur Quelle dieser Statistik

Hier hingegen fällt auf, dass nur wenige, im Vergleich zu oben, das Klassenziel nicht erreichen. In der Ober- und Berufsschule bleibt die Quote im höheren einstelligen Bereich. Hier scheinen Berufsschuler:innen das Klassenziel um ein paar Prozente weniger oft erreicht zu haben wie in der Oberschule.
Gemeinsamkeiten zeigen beide Statistiken bei der vermehrten nicht Erreichung des Klassenzieles bzw. der nicht Bestehung der Eignungsprüfungen je höher die Schulstufe. 

Myriam Atz-Tammerle sollte in ihrer Pressemitteilung besser klarstellen, welche "alternative Lernformen" sie intendiert, denn der Elternunterricht scheint in diesem Jahr, wenigstens bei der Oberstufe sehr schlechte Ergebnisse erzielt haben. Vor allem wegen und während der Coronapandemie hatten sich viele Eltern entschlossen ihre Kinder aus den staatlichen Schulen zu nehmen usw. Doch in diesen Fällen spielt das Wohl der Kinder in meinen Augen eine nach hinten gerückte Position, viel mehr aber die Ideologien einiger Eltern. Schule ist nicht nur Lernen, das Erwerben von Bildungskompetenzen und Wissen. Schule ist auch ein Ort der Gemeinschaft, der Zugehörigkeit und des Staunens (man hofft es) und ein Privileg, dass wir genießen dürfen. Über Schulformen bzw. -systemen kann und soll man streiten, aber v.a. die öffentliche Schule bietet viele Möglichkeiten, auch der Chancengleichheit aller zu garantieren. 
Ich finde also nicht, dass andere, alternative Lernformen, die ja nicht unbedingt schlechter sein müssen, von öffentlicher Seite unterstützt werden sollten. Auf der anderen Seite fände ich es wichtiger, wenn alternative Lernformen besser kontrolliert werden sollten, so dass man nicht Gefahr läuft, jungen Menschen den Zugang zu geeigneter Bildung, zu verwehren, wegen Entscheidungen anderer. 

Über die Grenzverteidigung am Brenner

 

Vor kurzem hat der Landtagsabgeordnete von Fratelli d'Italia, Alessandro Urzì, auf Facebook angeprangert, dass (übersetzt) es nur in Italien für eine ausländische Polizei möglich sei, auf Zebrastreifen anzuhalten. Unten einen Screenshot zum Post.



Ich möchte in diesem Blogbeitrag nun näher darauf eingehen und meine Meinung zu diesem "Vorfall" berichten.

Urzì Beitrag
(c) Facebookprofil von L.Abg. Urzì A., Schwärzungen von mir

Also, was sehen wir hier? Urzì hat am 5. Juli 2022 ein Foto von einem (anscheinend) haltenden österreichischen Polizeiauto am Brenner (italienische Seite) gepostet. Ferner empörte er sich über die Missachtung (anscheinend) der  Verkehrsregeln und die Unanständigkeit der österreichischen Polizei. Was wir vom Bild nicht sehen ist erstens ob das Polzeiauto überhaupt hält (Fotos bewegen sich normalerweise nicht), oder ob es gerade diesen Zebrastreifen beim überqueren ist und davon ein Foto, das sich nicht bewegt, gemacht worden ist. Dafür würde sprechen, dass sich im Polizeiauto eine Person mit, wie es scheint, Händen am Lenkrad befindet. 
Auf der anderen Seite, könnte es aber auch natürlich sein, dass dieses Polizeiauto wirklich dort angehalten hat. 
Jedoch finde ich es verwerflich, aber nicht überraschend, dass genau Urzì solche unnötigen Polemiken/Aktionen startet. Denn Urzì schreibt in seinem Post nichts über solche Verkehrsvergehen von italienischen Ordnungskräften, dürfen die das? Wohl auch nicht und dennoch kommt es vor. Vorausgeschickt ist anzumerken, dass wir nicht wissen, wieso, wenn die österreichische Polizei dort gehalten haben sollte, sie das gemacht haben evtl. gibt es einen Grund dafür? Hier ein paar Beispiele von italienischer Seite, wo auch auf Zebrastreifen bzw. Rampen für Menschen mit Beeinträchtigungen geparkt/angehalten worden ist, von Seiten italienischer Beamter. Indes hat Urzì bereits eine Landtagsanfrage diesbezüglich eingereicht. 

Beispiel 1
(c)Quinewspistoia.it, Parcheggia sulle strisce: ma è un vigile

Und
Beispiel 2
(c)Newspam.it, Auto dei Carabinieri parcheggiata su strisce pedonali e davanti scivolo per disabili

Auch hier haben Beamte gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen, so würde ich es angebrachter finden, wenn Urzì in seinem Post schreiben würde: Anche la polizia di uno stato estero non è meglio di noi. Weil augenscheinlich, haben auch italienische Beamte die Straßenverkehrsordnung nicht beachtet. Auch hier, wir kennen die Umstände und den Grund, wieso so geparkt/gehalten wurde, nicht.
Was mich besonders eben aufregt, dass man über so etwas unnötiges Berichten muss und auch noch Likes und Zuspruch dafür erhält. Denn, ich glaube man weiß das auch aus eigener Erfahrung, viele Verkehrsteilnehmer (egal welcher Herkunft) halten sich nicht immer 1:1 an die Straßenverkehrsordnung, auch ein Carabinieriauto nicht, welches ohne Blaulicht und Sirene ein normaler Verkehrsteilnehmer sein müsste. Entstehen hier Polemiken? Nein. Ein:e Kommentator:in schreibt, zurecht meines Erachtens, Urzì solle sich um wichtigere Sachen kümmern und solche Sachen lassen. 

2019 hat A. Urzì eine Landtagsanfrage (331/19) eingereicht, um die Legitimität bzw. Illegitimität zu klären, wenn österreichische Polizeibeamte in Dienstkleidung (inkl. Bewaffnung natürlich), auf "territorio italiano" auf den Brenner Pizza essen, in die Bar gehen und Einkäufe machen (siehe Collage unten). Weiters wird darauf hingewiesen, dass die österreichischen Exekutivbeamten, gesetzlich nur an den Bahnhof dürften, um internationale Züge, welche dann die Grenze nach Österreich überqueren, zu kontrollieren. 
LH Kompatscher, der zuständig für die Beantwortung dieser Frage war, antwortete im ersten Teil mit der Erklärung der rechtlichen Grundlagen, die die österreichische Polizei zur Einreise als solche befähigt. Im zweiten Teil, hält Kompatscher, in Rücksprache mit den zuständigen Behörden (italienische wahrscheinlich) fest, dass es keine Zwischenfälle gegeben hätte, die als polizeiliche Aktivitäten von Seiten der österreichischen Polizeibeamten auf dem sog. territorio italiano , gewertet werden könnten. Weiters sei es plausibel, so der Landeshauptmann, dass sich die österreichischen Beamten in öffentlichen Lokalen, um etwas zu konsumieren, eingefunden hätten. 
Landtagsanfrage 331/19
(c) Landtagsanfrage 331/19 und deren Beantwortung

Meines Erachtens ist das, was Urzì betreibt bzw. versuchen will,  die Propagierung von engstirnigen Nationalismus und hat auch gar nichts mit eventueller Sicherheitsbedenken zu tun, denn wo sind wir angekommen, wenn eine Landtagsanfrage im Landtag landet, die die Frage aufwirft, ob es rechtens sei, wenn ein:e österreichische Polizist:in einen Kaffee trinkt oder am Brenner einen Einkauf tätigt. 
Gut, ich kann schon verstehen, dass uniformierte und bewaffnete Personen eines anderen Staates Unbehagen bei Menschen hervorrufen kann. Doch denke ich mir auch, dass vor allem bei einem Grenzgebiet, wie es der Brenner ist, österreichische und italienische Beamte (auf der österreichischen Seite) bei den Anrainern keine Unbekannten sein dürften. Und persönlich denke ich mir auch, dass ein österreichische:r Polizist:in sicher nichts böses will oder die Souveranität eines Staates untergraben will, wenn er/sie einen Espresso in einer Bar trinkt oder ein paar Einkäufe erledigt. Aber, wie es scheint, ist die Denke des "territorio italiano" wichtiger, als bspw., nach so vielen Jahren der EU, ein "territorio europeo", ohne Grenzen und Grenzdenken. Doch davon, sind wir, so glaube ich noch weit entfernt, wenn man sich Gedanken darüber machen und Polemiken (wenigstens zu starten versucht) machen muss, weil ein österreichisches Polizeiauto vermeintlich auf einem Zebrastreifen angehalten hat und dann darunter eine Unterwanderung sieht. Eher wirkt dies nach einer Grenzverteidigung am Brenner. 

Abschließend einen Gedanken: Ich würde mir wünschen, dass Nationalstaaten als solche in der EU, auch generell, aber besonders in einer solchen Union, die die EU darstellt, stark an ideologischen Wert verlieren sollten und man mehr einen europäischen, gemeinschaftlichen Geist leben sollte, ohne Unterschiede zu machen, ohne Grenzen mit Beflaggung markieren zu müssen.
 
Hier ein Artikel der Tageszeitung für eine Vertiefung.